Endlich sind wir wieder Fussball-Weltmeister

Unsere Jungs um Jogi Löw haben es nun endlich wieder geschafft. Sie dürfen ab sofort den 4. Stern auf dem Nationaltrikot tragen und ziehen so mit Italien gleich. Unsere Natioanlelf hat es verdient – und das sage ich als einer der wenigen, die sich kein einziges Spiel dieser WM angesehen haben. Desinteresse? Keine Zeit? Nein. Weil es in Brasilien stattgefunden hat, einem für mich sozial unverträglichen Standort.

Schon immer hat es mich gestört, wenn vorhandene Ressourcen nicht genutzt werden. Noch mehr befremdet es mich, wenn neue Stadien erbaut werden, um diese anschließend verrotten (so auch in Südafrika) oder wieder abreißen zu lassen. Wir sprechen bei solchen Bauten nicht von Provisorien wie z.B. ein Zelt – es handelt sich um Stadien, gebaut nach modernsten Standards, die entsprechende Kosten im Bau verursachen. Diese Kosten trägt jedoch nicht nur der Ausrichter FIFA, sondern zum großen Teil das Land, in dem die Weltmeisterschaft ausgetragen wird.

Dem Land Brasilien wurde eine utopische Summe durch die FIFA vorgerechnet, was dieses Land an finanziellen Einnahmen bekäme. Das Gegenteil ist eingetreten. Statt seinen Staatshaushalt zu sanieren, hat Brasilien sogar noch Geld hinzugegeben. Die eigentlichen Gewinner sind die FIFA, die Unternehmen, die mit dem Bau der Stadien und Infrastruktur beauftragt wurden und die Sponsoren.

Verloren hat vor allem die Bevölkerung: Sie wurde bereits im Vorfeld WM-erträglich “diszipliniert”, es steht noch weniger Geld für soziale Projekte zur Verfügung, sie musste zum Teil umgesiedelt werden. Bürger, die sich lebenslange Sitzrechte in durch sie renovierte Stadien erarbeitet haben, verlieren ihre Platzrechte, damit die FIFA diese Plätze für viel Geld vermieten kann.

Nun heißt es, dass Brasilien ein fussball-begeistertes Land sei und es wichtig sei, in einem solchen eine WM auszutragen. Dem stimme ich zu. Nur wurde der überwiegende Teil der fussball-begeisterten Bevölkerung ausgeschlossen, weil diese sich Karten für die Stadien gar nicht leisten konnten. Die WM im eigenen Land und doch vor den Fernseher verbannt, weil die Karten zu teuer sind und nur für die kleine Mittelschicht und noch kleinere Oberschicht zu haben waren – und natürlich die finanzkräftigen ausländischen Fans.

Die nächste Weltmeisterschaft findet in Russland statt und die darauffolgende (nach aktuellem Stand) in Katar. Leider 2 weitere Weltmeisterschaften, die ich mir nicht ansehen werde – leider! Ich würde mich vor einer Nationalelf verneigen, die irgendwann mal die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft verweigert aufgrund der gesellschaftlichen Probleme am Teilnahmeort.

Wann begreifen Politiker, dass nicht das eigene Prestige der Auftrag ist, sondern im Sinne seines Landes und dessen Bevölkerung zu handeln?

Warum thematisiere ich die WM erst jetzt? Weil ich niemandem die WM verderben wollte und eigentlich jeder weiß, wie die Umstände in Brasilien sind. Leider wird das in der Euphorie gerne vergessen oder bewußt zur Seite geschoben. Da helfen aber auch keine Pseudospenden an Hilfsorganisationen, um das eigene Gewissen zu beruhigen.

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